Die Initiative Open Legal Data wurde am 17.12.2020 um eine Stellungnahme zu dem oben genannten Referentenentwurf gebeten. Open Legal Data begrüßt die Einbeziehung interdisziplinärer Projekte bei der Entwicklung eines Zweiten-Open-Data Gesetzes und gibt hierzu die folgende Stellungnahme ab:

Zur Zielsetzung des Referentenentwurfs

Artikel 1 - Ausweitung der Open-Data-Regelung des Bundes (§ 12a EGovernment-Gesetz) ausgeweitet werden.

Open Legal Data befürwortet die Ausweitung der bestehenden Open-Data-Regelung des Bundes gem. § 12a EGovG, denn die gegenwärtige Regelung des § 12a EGovG ist nach Ansicht von Open Legal Data nicht ausreichend und entspricht nicht dem Gedanken von Open Data. Zwar ist der grundsätzliche Rechtsgedanke, der Bereitstellung offener Daten von Bundesbehörden ein erster Ansatzpunkt, jedoch ist zu bemängeln, dass § 12a EGovG ausdrücklich ein Anspruch auf offene Daten der Bundesbehörden versagt wird. Ein Anspruch auf Open Data gegenüber den Bundesbehörden muss insbesondere für eine Informationsgesellschaft geschaffen werden.

Artikel 2 dient der Umsetzung der Richtlinie über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (Richtlinie (EU) 2019/1024).

Nach Ansicht von Open Legal Data genügt auch das Zweite-Open-Data Gesetz nicht der Umsetzung der Richtlinie über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (Richtlinie (EU) 2019/1024), da in dem Referentenentwurf, das in der Richtlinie angelegte Recht auf Wissen und Information, sich nicht widerspiegelt. Das Recht auf Wissen und Information ist aber in der Richtlinie angelegt und bedarf der Umsetzung.

Zu den einzelnen Reformierungen

Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 12a EGovG durch Einbeziehung der mittelbaren Bundesverwaltung sowie Abschaffung bestimmter Ausnahmetatbestände

Die Ausweitung von Open Data auf die mittelbare Bundesverwaltung verstärkt die Transparenz und Rechenschaftspflicht der mittelbaren Bundesbehörden. Die Ausweitung ist daher sehr zu begrüßen. Dabei dürfen im Besonderen auch die Bundesgerichte nicht außer Betracht gelassen werden, da nach Auffassung von Open Legal Data auch Urteile im Sinne von Open Data veröffentlicht werden müssen. Dies ist bislang nicht der Fall. Für eine Bereitstellung von Urteilen als Open Data spricht insbesondere, dass Urteile im Namen des Volkes ergehen und das Demokratiegebot es erfordert, dass die Bürger*innen jederzeit in Erfahrung bringen müssen, welche Rechte und Pflichten sich aus einem Gesetz ergeben. Es geht demnach nicht nur um die Transparenz der Bundesverwaltung, sondern auch um die Transparenz der Rechtsfortbildung, um eine Teilhabe der Bürger*innen zu gewährleisten.

Kritisch dürfte anzumerken sein, dass es nach der Auffassung von Open Legal Data eine Herausforderung sein dürfte, die Bundesverwaltung mit den erforderlichen technischen Mitteln auszustatten. Des Weiteren wäre es in dringendem Maße notwendig geeignetes Personal für die Umsetzung von Open Data in der Bundesverwaltung einzustellen, da die Öffnung der Daten mit einem erheblichen organisatorischen, wie technischen Aufwand verbunden ist, um nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Daten zur Verfügung stellen zu können.

Hierbei ist, wie auch in der Richtlinie EU 2019/1024 gefordert, ein/e Open-Data-Koordinator*in für eine erfolgreiche Umsetzung notwendig und daher zu begrüßen.

Ebenfalls positiv ist die Einführung einer Verordnungsermächtigung zur Standardisierung von Datenformaten. Die Daten sollten maschinenlesbar mit freien Formaten zur Verfügung gestellt werden. Die Maxime zur Umsetzung eines Standards wäre die Einführung von Linked Data.

Für die Bereitstellung von Open Data schlägt Open Legal Data die Standardisierung über eine API vor. Darüber hinaus wäre zusätzlich ein sog. Bulk-Download empfehlenswert.1

Umbenennung, Modernisierung und Ablösung des IWG - Datennutzung statt Informationsweiterverwendung

Das gegenwärtige IWG enthält, wie auch der § 12a EGovG in § 1 Abs. 2a IWG die Einschränkung, dass kein Anspruch auf die Daten und Informationen besteht.

Bei der Ablösung des IWG sollte daher, auch im Sinne einer Einheitlichkeit, wie für den § 12a EGovG gefordert, der Anspruch auf Zugang zu Informationen und Wissen sichergestellt werden. Im Übrigen könnte die Versagung des Anspruchs auf Open Data gegebenenfalls einen Widerspruch zum Informationsfreiheitsgesetz darstellen, denn es überzeugt nicht, weshalb kein Anspruch auf öffentliche Daten in elektronischer Form i.S.v. Open Data besteht, obwohl grundsätzlich ein Anspruch auf amtliche Informationen nach dem IFG eingeräumt wird.

Empfehlenswert wäre die Aufnahme von einer standardisierten Lizenz in das geplante Datennutzungsgesetz, da die bisherigen Regelungen im IWG, teilweise zu unbestimmt sind. Im Rahmen des Gesetzes könnte durch einen Anhang das ggf. zu zahlende Entgelt grundsätzlich festgehalten werden. Allerdings ist anzumerken, dass die Erhebung von Entgelt für die Nutzung von Open Data, dem Open-Data-Gedanken fremd ist. Denn das Ziel von Open Data ist die entgeltfreie Nutzung, und zwar auch für wirtschaftliche Innovationen. Daher spricht sich Open Legal Data dafür aus, dass ein Entgelt für die Nutzung von Open Data nicht erhoben werden darf.

Lizenzen statt Nutzungsbestimmungen

Zunächst ist festzuhalten, dass die Klarstellung des Begriffes der Lizenz anstelle der Nutzungsbestimmung praktisch keinen Unterschied darstellt, da es sich lediglich um ein Synonym handelt.

Für die Bereitstellung von Open Data ist die Nutzung von standardisierten Lizenzen vorzugswürdig, um durch die einheitliche Verwendung, die Anwendung zu vereinfachen. Im Prinzip folgt der Gedanke einer einheitlichen standardisierten Lizenz den Creative-Commons Lizenzen.2 Eine weitere Lizenz wird bereits auf der Datenbank GovData verwendet (DL-DE->Zero-2.0).3 Als weitere Anregung für die Ausgestaltung von Lizenzmodellen, ist das Projekt der Open Knowledge Foundation “Open Data Commons”.4 Welche standardisierte Lizenz sich schlussendlich durchsetzt, kann an dieser Stelle dahinstehen, da es im Wesentlichen darauf ankommt, dass der Gesetzgeber festhält, dass für die Nutzung von Open Data eine standardisierte Lizenz verwendet wird. Um allerdings auch dem internationalen Gedanken gerecht zu werden, sollte bei der Lizenzierung von Open Data idealerweise auf einen internationalen Standard gesetzt werden. Damit wird die Zerspaltung des Open-Data-Gedankens verhindert, indem Unklarheit über die Nutzungsbedingungen über die Grenzen von Deutschland hinaus beseitigt werden. Abschließend sollte bei der Einführung einer standardisierten Lizenz darauf geachtet werden, dass die Lizenz gewählt werden sollte, die im weitesten Sinne dem Open-Data-Gedanken Rechnung trägt, also das die Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung und sonstige Nutzung uneingeschränkt zulässig ist.

Einführung des Open-Data-Grundsatzes „Open by default”

Die Einführung von “Open by default” erleichtert ebenfalls die Handhabung von Open Data, da die Bereitstellung von Daten die Regel und nicht mehr die Ausnahme darstellt. Es wird damit die Kultur der Transparenz gefördert. Das Geheimhaltungsinteresse müsste damit im Einzelfall begründet werden. Möglicherweise bedarf es in diesem Zusammenhang auch der Überarbeitung des Informationsfreiheitsgesetzes, da es sich hierbei um amtliche Informationen handelt, die wohl im Zweifelsfall als Open Data zur Verfügung gestellt werden müssten. Zur Vermeidung von Widersprüchen, sollte die Reformierung des Open-Data-Gesetzes in einem engen Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz gesehen werden, insbesondere auch im Hinblick auf die Ausnahmetatbestände der §§ 3, 4, 5, 6 IFG.

Erweiterung des Anwendungsbereichs auf öffentliche Unternehmen (Wasser,Verkehr, Energie)

Öffentliche Unternehmen sind Teil des öffentlichen Handelns und unterliegen damit, ebenfalls wie Behörden, einer Rechenschaftspflicht gegenüber den Bürger*innen. Insoweit ist die Erweiterung des Anwendungsbereiches auf öffentliche Unternehmen eine Bereicherung für Open Data.

Einführung sog. hochwertiger Datensätze

Die Einführung von sog. hochwertigen Datensätzen bedarf einer Klarstellung in Form einer Legaldefinition, was unter hochwertigen Datensätzen zu verstehen ist. Hierbei ist es empfehlenswert die Fünf-Sterne Skala von Tim Berners-Lee zu verwenden, wonach es sich um hochwertige Datensätze i.S.v. von Open Data dann handelt, wenn es sich bei dem bereitgestellten Datensatz um Linked Data handelt.5

Besondere Fragestellungen Ausnahmebestimmung in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie (EU) 2019/1024

Nach dem Wortlaut der Richtlinie, legt diese die Mindestanforderungen zugrunde. Daher besteht nach Auffassung von Open Legal Data ein nationaler Umsetzungsbedarf für die Umsetzung der Ausnahmebestimmung in Artikel 1 Abs. 2 lit. b Richtlinie (EU) 2019/1024.

Vorschläge und Anregungen

Zusammenfassend sind folgende Vorschläge und Anregungen festzuhalten:

Recht auf Wissen und Recht auf Information

Insgesamt fehlt es dem Vorhaben um ein Zweites-Open-Data Gesetz um die Einführung eins Rechts auf Wissen, wie dieses allerdings die Richtlinie (EU) 2019/1024 erwähnt.6 Die Einführung eines Anspruchs auf Open Data wird im weitesten Sinne den Anforderungen an eine Informationsgesellschaft gerecht. Es stärkt die Demokratie und den Rechtsstaat, und fördert das Vertrauen und die Transparenz staatlichen Handelns. Einen Anspruch auf Open Data zu versagen ist nicht zeitgerecht. Open Legal Data fordert daher die Einführung eines Anspruchs auf Open Data im § 12a EGovG.

Hochwertige Datensätze

Open Legal Data befürwortet die Anforderungen von hochwertigen Datensätzen. Der Gesetzgeber sollte eine Legaldefinition von hochwertigen Datensätzen in das EGovG aufnehmen, die wie folgt lauten könnte:

“Hochwertige Datensätze: liegen dann vor, wenn die Daten mindestens als Linked Data zur Verfügung gestellt werden”.

API und Bulk-Download

Für die Bereitstellung der Daten sollte jede Bundesbehörde eine standardisierte API und einen Bulk-Download zur Verfügung stellen.

Vollständige Erweiterung auf den öffentlichen Sektor

Die vollständige Erweiterung auf den öffentlichen Sektor fördert die Transparenz und Rechenschaft jeglicher öffentlicher Einrichtungen. Zu dem öffentlichen Sektor gehören auch öffentliche Unternehmen.

“Open by default”

Die Einführung von “Open by default” ist notwendig, um Open Data als Regel und “Closed Data” als Ausnahme festzuhalten.

Open-Data-Beauftragte/r

Um der Umstellung in den Bundesbehörden und dem Verwaltungsaufwand gerecht zu werden, ist ein/e Open-Data-Beauftragt/e erforderlich und ohnehin von der Richtlinie (EU) 2019/1024 vorgesehen.

Erhebliche Investition in die Digitalisierung, insbesondere auch durch Personal und Open-Source Programmierungen

Zu der Umsetzung eines effektiven Open-Data-Gedankens dürfen allerdings auch die erheblichen Investitionen in die Digitalisierung, insbesondere in Personal und Open-Source Software nicht außen vor gelassen werden.

Standardisierte Lizenzen

Die Einführung von standardisierten Lizenzen ist zwingend notwendig, um die Anwendung und Verwendung von Open Data zu erleichtern. Als Vorbild können hierfür unter anderem die Creative-Commons Lizenzen herangezogen werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich jegliche Nutzungsart von Open Data entgeltfrei erfolgen sollte, um dem Open-Data-Gedanken Rechnung zu tragen. Auf ein Entgelt, auch für die kommerzielle Verwendung von Open Data, muss verzichtet werden.

Datenbankrecht i.S.d. § 87a UrhG

Ausnahmetatbestände zu der Bereitstellung und Nutzung von Open Data beziehen sich auf das Urheberrecht oder verwandte Schutzrechte. Bislang lässt der Referentenentwurf vermissen, wie der Widerspruch aufgelöst werden soll, wenn Open Data in einer Datenbank zur Verfügung gestellt werden. Hierbei kann es zur Kollision zwischen Open Data und dem Leistungsschutzrecht des Datenbankherstellers kommen, die einer Weiterverwendung der Daten entgegenstehen könnte. Diese Güterkollision ist beispielsweise bei der Veröffentlichung von Urteilen zu beobachten. Obwohl Urteile keinen Urheberrechtsschutz gem. § 5 UrhG genießen, steht einer Weiterverwendung von veröffentlichten Urteilen auf öffentlich-zugänglichen Datenbanken häufig das Leistungsschutzrecht des Datenbankherstellers entgegen. Diesen Widerspruch hat der Gesetzgeber aufzulösen, um Open Data einheitlich durchsetzen zu können. Der Widerspruch kann beispielsweise in Form von Ausnahmetatbeständen gelöst werden, indem für gemeinfreie Werke gem. § 5 UrhG ein Leistungsschutzrecht des Datenbankherstellers nicht greift.

Für Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung

  1. Im Unterschied zu einer API, können über einen Bulk-Download alle Daten gleichzeitig abgerufen werden. 

  2. [https://creativecommons.org/licenses/?lang=de]{.underline}, zuletzt aufgerufen am 12.01.2021. 

  3. [https://www.govdata.de/dl-de/zero-2-0]{.underline}, zuletzt aufgerufen am 12.01.2021. 

  4. [https://opendatacommons.org/]{.underline}, zuletzt aufgerufen am 12.01.2021. 

  5. [https://5stardata.info/de/]{.underline}, zuletzt aufgerufen am 12.01.2021. 

  6. Vgl. RL (EU) 2019/1024 vom 20. Juni 2019 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors gefordert, Erwägungsgrund 43.